Was ich euch auf jeden Fall erzählen
wollte ist, dass ich während meiner Zeit in den Niederlanden immer
wieder das Gefühl hatte, dass die Niederländer mehr Kreativität
als die Deutschen zeigen.
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Kleischuur in Gouda |
Das besondere an der „Koffiefabriek“ ist, dass man sich in
eine Sitzecke mit fancy Sofas an einen Couchtisch setzen kann und in
den Schubladen des Couchtischs befinden sich jede Menge
Gesellschaftsspiele. Coole Idee, vor allem in Zeiten des „HeadDown“ - Virus'.
Beim Juuls handelt es sich, wie sicher
schon erwähnt um ein Lunchcafé, in dem Menschen mit Behinderung
arbeiten. Aber auch dieser Ort ist total liebevoll und mit ganz
eigenem Konzept gebaut. In Nijmegen sind wir an einem super coolen
Café vorbei gelaufen, in dem jede Menge Bücherregale mit Büchern
standen. Man konnte sich dort also einfach zum Lesen ins Café setzen
und musste nicht einmal ein Buch mitbringen. Auch eine sehr
individuelle und kreative Sache. Weiterhin habe ich in Rotterdam und
Nijmegen ein „Pannenkoekenboot“ gesehen. Wie cool (und
unglaublich unnötig touristisch) ist das denn! Pfannkuchen essen und
gleichzeitig eine Rundfahrt auf dem Wasser! Cafés / Restaurants auf
dem Wasser (gab's eigentlich in fast jeder Stadt) finde ich sowieso
total super!
Es sind aber nicht nur die Cafés /
Restaurant, die so einzigartig sind. Auch viele Geschäfte sind so.
Besonders in Nijmegen und Utrecht bin ich über tolle einzigartige
„Winkels“ (Läden/ Geschäfte) gestoßen. Zum Beispiel konnte man in Utrecht
in einem Winkel massenweise Gesellschaftsspiele kaufen, der Laden war
aber durch Regale, die nicht gerade, sondern schief aufeinander
standen total cool ein eigerichtet bzw aufgebaut. Das sah einfach
richtig gut aus. Ein weiterer Laden, über den ich in Utrecht
gestolpert bin, war ein Schmuckgeschäft. Kein herkömmliches,
sondern eines, in dem man vor Ort Ketten, Armbänder uvm direkt
selbst machen konnte. Dabei waren Millionen kleine Perlen in
verschiedene alte Schubladen einsortiert. In Nijmegen gab es ein
Geschäft, das sich komplett auf die Farbe Türkis konzentriert hat.
Das war schon von außen total türkis. Außerdem haben wir in Den
Haag den wahrscheinlichst coolsten Buchladen überhaupt gefunden. Er
konzentriert sich voll und ganz auf das Thema „Reisen“ und der
Inhaber hat jedes Buch, das er in seinem Laden verkauft auch selbst
gelesen. Er ist total freundlich und auch er hat ein schönes Konzept
hinter seinem „winkeltje“. Als ich dort ein Geburtstagsgeschenk
(für jemanden, der die Tage noch Geburtstag hat) gekauft habe, hat
er es in braunes Geschenkpapier verpackt, ein Döschen mit
verschiedensten Briefmarken geöffnet, eine Briefmarke auf das
Geschenk geklebt und dann noch den (Post-) Stempel seines Buchladen
auf das „Paket“ gedrückt. Anschließend band er noch eine braune
Kordel herum und fertig war das Buchpaket versendet aus den USA in
einem alten Film.
Ich habe in Deutschland bisher kaum
Geschäfte oder Cafés gefunden, die so einzigartig und durchdacht,
so kreativ umgesetzt und so wunderbar waren wie jene in den
Niederlanden. Allerdings habe ich mir vorgenommen, da mehr drauf zu
achten, denn vielleicht habe ich ja auch nur einen getrübten Blick,
weil ich hier immer bin und nicht auf solch besondere Dinge achte.
Aber wenn ich versuche, mir alles hier in Erinnerung zu rufen, dann
sind besondere Cafés höchstens mal moderner als andere
eingerichtet. Das war's dann auch.
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"Kinder, die Springen werden an den Zirkus verkauft." (Chocoladefabriek) |
Eine Sache, die mir erst aufgefallen ist, als ich
wieder zurück kam war, dass „Online-Shopping“ auch zum Problem
„kleine Geschäfte verschwinden“ beitragen. In den Niederlanden
kann man auf Amazon anscheinend nur Ebooks kaufen. Anfangs hat mich
das verwirrt, ich wunderte mich, wo die Niederländer all ihre Dinge
her bekamen (ich habe nie exzessiv im Internet eingekauft, aber ab
und an ist ein Buch, eine DVD oder ein Handy im Internet dann doch
günstiger, als im Laden), inzwischen weiß ich, dass sie zwar auch
teilweise im Internet bestellen, aber ich bin mir sicher, dass das
noch nicht so extrem ist, wie bei uns. Und ich wünsche ihnen, dass
es sich nicht so entwickelt, wie bei uns. Dass sie die kleinen
Geschäfte und die Einzigartigkeit ihrer Cafés und damit auch die
„gezelligheid“ noch lange behalten.
„Wo anders ist es immer besser.“
Wir Menschen sind einfach nie zufrieden. Irgendwie liegt es in
unserer Natur, Mängel aufzudecken und zu benennen. Ich werde jetzt
nicht davon sterben, dass weder die Niederlande, noch Deutschland
perfekt sind, dennoch ist es komisch, was einem so auffällt, wenn
man so lange weg war. In den Niederlanden habe ich immer die Natur,
wilde Tiere, Hügel und (Wein-) Berge und generell unsere Landschaft
vermisst. Auch wenn die Niederlande wunderschön sind, war ich es
doch nicht gewohnt, bei jeder Zugfahrt ewig weit in die Ferne schauen
zu können. Jetzt fehlt mir das Wasser und der See um die Ecke.
Deutsches Brot, Brezeln, Knödel, ordentliche Bratwurst, Flammkuchen,
wie habe ich es vermisst, als ich noch in den Niederlanden gewohnt
habe. Und jetzt? Wo sind meine Pfannkuchen / Pfannkuchenrestaurants,
Sirup für über die Pfannkuchen, frischer Orangensaft aus dem
Supermarkt (so richtig guten, frisch gepressten O-Saft, für den ich
auch gerne mal etwas mehr gezahlt habe, habe ich bisher in keinem
deutschen Supermarkt gefunden) oder der Joghurt aus dem Tetrapack?
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Pfannkuchen in der Reeuwijksen Hout |
Und jetzt? Jetzt wünsche ich mir einen
Albert Hijn, in dem man zuschauen kann, wie das Sushi frisch gemacht
wird und anschließend im Kühlregal steht, in dem die Reismilch
irgendwie besser schmeckt, in dem man sich einen frischen O-Saft
selbst pressen kann, oder diesen ebenfalls frischen leckeren Apfel,
Himbeere Saft aus dem Kühlregal kaufen kann. Für etwas mehr Geld,
aber die Qualität ist es mir dann wert.
Aber am aller schlimmsten ist unsere Infrastruktur. In den Niederlanden gibt es super Fahrradwege, perfekt ausgebaute Straßen und Autobahnen und vergleichsweise günstige Zugangebote. Die Züge fuhren oft, auch die Busse in kleinen Käffern fuhren oft genug und man kam einfach von a nach b.
Die deutsche Bahn ist abnormal teuer,
wenn man nicht gerade das Glück hat, als Schüler oder Student ein
Maxx- oder Semesterticket zu besitzen. Auf Straßen und Autobahnen
sind permanent Baustellen und trotzdem noch immer überall
Schlaglöcher. Fahrradwege sind meistens holprige Feldwege.
Aber nochmal zurück zu den
Supermärkten. Aldi hat sich während ich weg war ja total verändert.
Sie haben damit schon angefangen, bevor ich ging, allerdings haben sie
sich in den letzten 11 Monaten dann doch noch einiges dazu einfallen
lassen. Man muss ja wettbewerbsfähig bleiben. Nicht nur, dass man
bei Aldi jetzt einige Markenartikel kaufen kann, bei meinem letzten
Einkauf viel mir auf, dass man dort inzwischen sogar sein
Handyguthaben für andere Anbieter (Lebara, Lyca, etc), als nur
Medion Mobile aufladen kann. Es war ja schon ein großer Schritt,
dass ALDI plötzlich Marken verkauft, aber ich hätte nicht gedacht,
dass sie auch noch Guthaben für andere Prepaidanbieter verkaufen
würden. Was sie natürlich sehr clever gemacht haben sind die
kleinen Orangensaft Trinkpäckchen, sowie die einzelnen Schokoriegel
etc, die sich mittlerweile direkt an der Kasse befinden. Dass man
auch noch schön auf die Idee kommt, man habe plötzlich durst und
brauche jetzt unbedingt so einen kleinen Orangensaft. Er ist ja auch
überhaupt nicht teuer. Clever, clever.
Okay, Deutschland ist schön und die
Niederlande sind schön und ich würde am liebsten ein Leben in
beiden Ländern führen, aber ich habe nach diesem Jahr auf jeden
Fall das Gefühl, dass die Niederländer bewusster leben, als wir es
tun.
Auf jeden Fall war es spannend, eine
oberflächlich so ähnliche, aber tiefer gelegen so andere Kultur,
die in unserer Nachbarschaft liegt, fast ein Jahr lang kennen zu
lernen. Auch wenn das super kitschig klingt, bin ich sicher, dass die
Niederlande immer ein Teil von mir bleiben wird, dass ich noch oft
zurückkehren werde und auch einiges mit in mein deutsches zu Hause
nehme.
Trotz all der schlechten Geschehnisse
der vergangenen 11 Monate bin ich froh, den Friedensdienst gemacht zu
haben und viel gelernt zu haben.
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Nijmegen |
Das war's dann. Ciao Leute und danke
für's lesen!