Montag, 25. April 2016

Sophia und Sarah allein zu Haus + leben am Arbeitsplatz.

deutsches Stockbrot am Lagerfeuer
im Garten des Waterput *-*
Vorgestern waren Sophia und ich allein zu Hause, weil sie auf "Vakantie" (Ferien) mit dem Klub gegangen ist und deshalb nicht arbeiten musste und um 13 Uhr erst vom Taxi abgeholt wurde. Leider konnte ich dann nicht mit schwimmen gehen, aber das war in Ordnung, denn Sophia und ich hatten zu Hause jeden Menge Spaß. Sie durfte ausschlafen und nachdem wir zusammen gefrühstückt haben und ich ihr im Bad geholfen hab, wollte sie gerne eine DVD mit einem Konzert von Jan Smit schauen. Wir hatten noch genug Zeit, bis das Taxi kam, also hab ich ihr die DVD eingelegt. Außer Felix und seinem Freiwilligen, der jeden Freitag kommt, um mit ihm spazieren zu gehen, war niemand mehr im Haus. Sobald wir dann alleine waren, hat Sophia gefragt, ob sie den Fernseher lauter stellen darf. Selbstverständlich! Sie ist dann aufgestanden und hat angefangen zu tanzen. Ich hab den TV noch lauter gestellt und hab natürlich mitgetanzt. Denn es macht einfach zu viel Spaß mit ihr in einer Polonaise durch unseren Wohnraum zu tanzen. Sie ist immer ein ganz anderer Mensch, wenn sie tanzt. Macht Bewegungen, die man so nicht von ihr erwarten würde, sie schreit vor Freude durch das Haus und es macht unglaublich viel Spaß, diese Momente mit ihr zu teilen. So sind wir so lange, bis wir nicht mehr konnten fröhlich durch unseren Wohnraum gehüpft :)

Vorige Woche (meine Wortwahl passt sich gerade immer mehr dem niederländischen an) wollte Maja zusammen mit Lisa UND Felix spazieren gehen. Ich hatte frei und Melinda würde mit den anderen zwei Huisgenoten zu Hause bleiben, weil Matteo keine Lust hatte, raus zu gehen. Ich saß gerade am Tisch und habe zu Mittag gegessen, während Lisa schon für draußen angezogen war und Maja beschäftigt war, Felix noch fertig zu machen. Lisa hatte aber keine Lust zu warten und plötzlich konnte ich beobachten, wie sie draußen in Felix Rollstuhl am Fenster vorbei fuhr (sie hat sich einfach rein gesetzt und durch Schaukelbewegungen hat sie sich selbst anschubsend nach vorne bewegt), während keiner ahnte, dass sie bereits das Haus verlassen hatte :D Das wahr eine ziemlich lustige Scene, fast wie im Film. Natürlich haben wir sie dann wieder rein geholt und sie ist nicht verloren gegangen.

Mal ein paar Worte zu den Downsides vom Leben in der Arche:
wir haben ein super süßes Café hier in Gouda gefunden
Zusammen mit Menschen mit Behinderung wohnen, leben und arbeiten ist schwer, das ist keine Frage, aber es ist vor allem schön und eine unglaubliche Erfahrung, für die ich dankbar bin. Viel schwieriger gestaltet sich dahingegen das Wohnen am Arbeitsplatz der Assistenten. Das liegt daran, dass kaum einer dieses Haus hier auch als Wohnhaus wahrnimmt, sondern viel eher als Arbeitsplatz. Dementsprechend wird schlecht mit unseren Möbeln, Küchengeräten, Waschmaschine etc umgegangen und es ist nicht schlimm, wenn das Haus dreckig ist, weil die Assistenten hier ja nicht wohnen müssen und nach einigen Stunden wieder in ihr eigenes zu Hause gehen. Im Prinzip ist es ein endloser Prozess, den Menschen die hier arbeiten beizubringen, dass das Haus, das sie -wenn sie arbeiten- mitbenutzen auch geputzt werden muss. Man hat aber auch keine Lust, seinen Kollegen jede Sekunde sagen zu müssen, wie sie ihre Arbeit machen sollen. Dass nach 22 Uhr Nachtruhe herrscht und sie nicht noch lautstark im Büro direkt unter meinem Schlafzimmer telefonieren sollen, oder die Treppen nach oben oder unten trampeln oder Türen zuschlagen.
Krank sein ist auch nicht einfach. Wenn es einem dann gerade einen Tag besser geht und man noch zu Hause bleibt, um sich noch einen Tag auszuruhen, weil man seinem Körper noch mal eine Pause gönnen möchte, rennen dort immer die Kollegen rum, die sich darüber wundern, dass man noch nicht wieder arbeitet.
Und manchmal kommt es mir schon so ein bisschen vor, in einem Bürokomplex zu arbeiten. Ständig fremde Leute in meinem Wohnzimmer oder Kollegen, die mich komisch anschauen, wenn ich an meinem freien Tag "zu lange" geschlafen habe, während sie schon seit 6.30 Uhr wach sind.
Mittlerweile gibt es aber tatsächlich ein paar mehr Assistenten, die verstehen, dass wir hier wohnen aber bis zu dem Moment, an dem das jeder versteht ist es noch ein sehr, sehr langer weg. 4 Monate hab ich noch :D
die Nachbarskatze hat es sich auf dem frisch
 gereinigten Teppich bequem gemacht :) 
Anstrengend sind aber auch die Eltern der Huisgenoten, die glauben sich hier ziemlich viel erlauben zu können. Vor 2 Wochen hat der Vater einer Huisgenotin die geniale Idee gehabt, seine Tochter zu besuchen, sich nicht vorher anzumelden und dann einfach durch den Garten durch die Hintertür hereinzuspazieren. Er darf gerne seine Tochter besuchen, aber wenn er seine Tochter in der Arche leben lässt, dann sollte er verstehen, dass hier auch andere Menschen sind und dass es extremst respektlos und unhöflich ist, einfach mal eben durch die Hintertür herein zu kommen. Wozu gibt es eine Klingel an der Haustür!? Ich finde ja schon, dass das ein Eingriff in die Privatsphäre ist. Hauptsächlich die aller anderen Bewohner diesen Hauses, aber irgendwo auch in die seiner Tochter. Was denkt er sich denn dabei, einfach hintenrum rein zu kommen und dann plötzlich in unserer Küche zu stehen?

Das waren genug Downsides für heute.

Seit ich hier ein paar Monate bin, habe ich immer mal wieder Tage, an denen ich total Lust auf deutschsprachige Musik habe (und ja, in Deutschland GIBT es deutschsprachige Musik, ich wurde nämlich gefragt, ob wir so etwas überhaupt haben und wie es denn um google steht, ob es bei un google gibt :D). Jetzt habe ich mir eine durchgeknallte Playlist mit steinalten deutschen Liedern zusammen gesetzt.
Mittlerweile habe ich auch ein paar niederländische Lieder gefunden, die mir gefallen. Meistens hören wir hier aber irgendwelche schrecklichen niederländischen Schlager ODER den ganzen Tag lang Musik von der Boyband "Nick and Simon", weil das unsere Huisgenoten total toll finden.


Meine Kollegin Mariposa (die mich für diesen Decknamen hasst ;P) und ich haben hier noch ein wundervoll langweiliges Video für euch. Albert Hijn (Supermarkt) hat nämlich vor einiger Zeit "Moestuintjes" (Gemüsegärtchen, wörtlich übersetzt "Breigärtchen") verschenkt. AH hat die Erde dafür winzig klein zusammen gepresst und wenn man Wasser hinzugefügt hat, hat sie sich ausgebreitet und dieses kleine Erdwürfelchen ist gewachsen. Wir waren davon wahrscheinlich begeisterter, als jedes kleine Kind, deshalb haben wir auch dieses wundervolle Video davon gemacht.

Der Rucola ist sogar schon gewachsen und beim Basilikum sieht man auch schon winzig kleine Pflänzchen *-* winzig heißt auf holländisch übrigens "piepklein". Ich finde, dass das ein sehr süßes Wort ist.


o.O Marshmallows???
Heute Abend haben wir mit einer Mitfreiwilligen aus Amsterdam ein Lagerfeuer mit Stockbrot, Würstchen und Marshmallows gemacht. Ein weiterer Funfact zur niederländischen Sprache:
1. das niederländische Wort "Stokbrood" bedeutet auf deutsch "Baguette"
2. ich weiß nicht, ob Lidl da einen Fehler gemacht hat, oder ob sie hier Mini Schokoküsse echt als "Marshmallows" bezeichnen. Aber keine Angst, wir haben keine Schaumküsse auf Stöcke gesteckt und gegrillt, wir haben tatsächliche Marshmallows benutzt.


Sonntag, 10. April 2016

Lekker weer, lekker eten :D

Hier bin ich wieder mit neuen Geschichten aus dem Waterput.

Beginnen wir mit etwas Banalem, das hier nicht zum ersten Mal passiert ist. Im Waterput, aber auch im Manna, werden regelmäßig Klamotten vertauscht. So hat Felix vor einigen Wochen morgens plötzlich Melindas Pullover angehabt. Ich persönlich hab seid einiger Zeit meine neuen Socken vermisst. Heute habe ich sie in Sophias Kleiderschrank gefunden, man hat sogar schon ihren Namen in meine Socken eingenäht, dass die Socken auch ja nicht mit denen von jemand anderem Verwechselt werden. Nächstes mal wäre es schön, wenn ihr meinen Namen in diese Socke einnähen würdet ;P

Seit vorletzter Woche habe ich mit Matteo ein cooles neues Ritual. Er war beim Mundhygienist und es stellte sich heraus, dass er nicht ordentlich Zähne putzt. Also müssen wir seit neustem zuschauen, dass er langsam und ordentlich und auch lang genug putzt. Das erste mal, dass ich zugeschaut habe, habe ich mein Handy genommen und den Timer auf 3 Minuten gestellt. Nach drei Minuten ist der Alarm los gegangen und Matteo wusste, dass er nun aufhören durfte. Er steht auf Technikschnikschnak und gleichzeitig hatte die Sache mit dem Handy den Effekt, dass er keinen Raum zum Diskutieren hatte, ob er jetzt schon aufhören dürfe, oder nicht. Matteo fand meinen Alarm nach den 3 Minuten ziemlich cool und so entwickelte es sich, dass wir jetzt jeden Abend oder Morgen, wenn ich mit ihm Zähne geputzt habe, bei der netten "Musik", die nach den 3 Minuten ertönt, eine Runde durch sein Zimmer tanzen, während er noch seine Zahnbürste in der Hand hat. Das macht ziemlich viel Spaß und ist eine coole Art und weiße, ihm die "Kontrolle" nicht als etwas im Sinne von "ich weiß es besser, als du", sondern als eine nette Sache, die man zu zweit macht, nahe zu bringen (=

Sonntag letzter Woche war hier in Gouda ein wunderschöner, sonniger Frühlingstag mit bestimmt 20 Grad in der Sonne. Ich hab den Morgen auf dem coolen Baum in unserem Garten verbracht und gechillt. Der Baum ist echt awesome und wenn man hoch genug klettert, kann man ziemlich weit gucken *-*
Als ich zwischendurch im Haus war, hat Sophia mich gefragt, ob wir heute Abend zusammen kochen würden. Sie hätte gerne etwas Spezielles aus einem ihrer Kochheftchen gekocht, aber leider hatten wir nicht alle Zutaten da, also haben wir beschlossen, Abends zusammen Pfannkuchen zu essen. Als wir dann zusammen gekocht haben und sie fertig damit war, das Gemüse zu schneiden, ist sie plötzlich völlig enthusiastisch nach draußen gegangen, hat den Ball, der im Garten lag gepackt, und wollte mit mir zusammen Fußball spielen. Das hat sie noch nie vorher getan, mich von sich aus gefragt, ob wir zusammen eine sportliche Aktivität ausführen! Es stand also außer Frage, das Essenkochen kurz zu unterbrechen und draußen im Sonnenschein mit ihr zusammen Fußball zu spielen. Und ich bereue es keinste Sekunde, das mit ihr gemacht zu haben! Ich habe Sophia seit ich hier bin nie so energetisch gesehen! Sie war so unglaublich gut drauf, hat sich beim Kicken richtig ins Zeug gelegt und immer wieder gejubelt, als hätte sie bei der WM ein Tor geschossen! Es hat so viel Spaß gemacht, mit ihr Fußball zu spielen und diesen kurzen Moment der Verwandlung von einer jungen Frau, die eigentlich träge und faul und den ganzen Tag nichts tut, außer auf dem Sofa zu sitzen, zu sehen! Das sind die schönen Momente in der Arche, die man in Erinnerung behalten muss. Sie war einfach so unglaublich glücklich in diesem Moment. Ich glaube die Niederlanden sind dieses Jahr doch bei der EM dabei! Sie war auch den ganzen Abend lang noch super gut drauf und hat Fragen direkt und ohne zu zögern beantwortet. Normalerweise würde sie es nicht einmal mitbekommen, dass man gerade mit ihr redete. Wir haben uns Abends dann aber auch ein richtiges Festmahl gezaubert. Wir haben draußen auf der Terrasse gegessen und hatten Pfannkuchen mit jede Menge leckeren Beilagen, es war ein fantastischer Tag!

Gestern waren eine Kollegin, Melinda, Sophia, Felix, Janka und noch zwei Huisgenoten (Wen und Runa) aus Manna und ich im Tiergarten Blijdorp in Rotterdam. Das war ziemlich cool und es hat echt Spaß gemacht, am Wochenende auch mal etwas anderes zu machen, als zu Hause auf dem Sofa zu sitzen. Wir hatten sogar das Glück, dass es nicht geregnet hat :) besonders schön war es, Runa zu sehen. Normalerweise ist sie ziemlich schlecht drauf und echt zickig (sie ist noch in der Pubertät) wenn ich sie sehe, oder wir freitags zusammen schwimmen sind. Im Tiergarten war sie total glücklich und hat ganz viel gelacht und Witze mit uns gemacht. Außerdem haben sie dort Kinderschminken angeboten, Runa hat sich als Gorilla und Wen als Giraffe schminken lassen, das sah ziemlich cool aus und es war total lustig mit einem Gorilla und einer Giraffe durch den Tiergarten zu laufen. Es war allgemein ein echt schöner Tag.

Heute war ich das erste Mal mit Lisa spazieren. Sie saß im Rollstuhl und ich habe geschoben und anfangs ging auch alles gut aber so erfolgreich war es dann doch nicht. Eigentlich darf ich nicht mit ihr alleine arbeiten, aber sie musste echt raus an die frische Luft, um ein bisschen runter zu kommen und ruhiger zu werden. Außerdem hatte Felix heute morgen einen angeschwollenen Fuß und die Assistentin hat ein bisschen Luft gebraucht, um das mit dem Fuß von Felix zu klären. Also bin ich mit Lisa raus, hab mich aber später echt über die Assistentin geärgert, weil sie mich einfach weggeschickt hat, ohne mir ordentliche Hilfestellungen oder Tips zu geben, was ich beachten muss und das OBWOHL ich sie vorher nochmal gefragt habe. Anfangs war auch alles gut und ich hab echt gemerkt, wie Lisa mit der Zeit ruhiger wurde, aber dann hat sie sich einen ihrer Handschuhe ausgezogen, weil er nicht fest genug war, aber dann wollte sie ihn wieder anhaben. Eigentlich kein Problem, ich hab ihr den Handschuh angezogen, jedoch lassen die Handschuhe sich leicht wieder ausziehen, wenn man sie nicht noch mit etwas Klebeband befestigend umwickelt. Ich dachte, ich ziehe ihn ihr einfach ohne Klebeband an, aber es gehört zu Lisas Routine, dass der Handschuh mit Klebeband umwickelt wird, also hat sie ihn immer wieder ausgezogen, weil sie nicht verstanden hat, dass da kein Klebeband drum ist, wollte ihn aber trotzdem sofort wieder -ordentlich- anziehen. Da ich kein Klebeband dabei hatte, wurde sie immer unruhiger und ich war auch leicht gestresst, weil ich nicht genau wusste, was ich machen sollte und so war das Spazieren gehen für uns beide eher kontraproduktiv. Also habe ich heute beschlossen, neue Dinge mit Lisa nur noch zu machen, wenn ich vorher ordentlich eingearbeitet werde und mir gesagt wird, was ich in welchem Fall machen soll und was wichtig ist zu wissen. Denn wenn ich Dinge nicht weiß, werde ich im Umgang mit ihr unsicher und ich bin mir sicher, dass sie das spürt und ihr das nicht gerade hilft.
Außerdem kann sie auch epileptische Anfälle bekommen und ich hab gefragt, was ich in solch einem Fall tun soll. Alles, was mir von der Assistentin gesagt wurde, war "mich anrufen". Hilfreich war das nun echt nicht.


Heute Abend habe ich wieder mit Sophia gekocht, sie hat mich schon gestern gefragt, ob wir heute zusammen kochen. Zwischendurch war sie im Wohnzimmer und hat einfach mal angefangen zu tanzen, also habe ich mit ihr mitgetanzt. Sie ist in letzer Zeit echt aktiver und energetischer als sonst, das freut mich total :)

Und noch ganz wichtig: ich habe mir heute Lilien und noch andere Blumen und ein paar Kräuter in den Garten gepflanzt. Mal schauen, ob ich noch ein paar Tomatensträucher bekommen kann und dann Tomätchen pflanzen kann *-*

Zu guter Letzt noch eine Wortschatzerweiterung: Dachziegeln heißen auf niederländisch "dakpannen" und das wörtlich übersetzt bedeutet "Dachpfannen". Ich fand es sehr lustig, mir dieses Wort bildlich vorzustellen ;D